Non Volio Dossier: Literarische Reisen in Nordamerika

The City of New Orleans

by Steve Goodman

Nein, es geht nicht um die Stadt. Es geht um eine Zugreise. Von Chicago nach New Orleans läuft noch immer der Service des "City of New Orleans", eines Zuges, der in knapp 20 Stunden die knapp 1500 km quer durch die USA fährt.

Geschrieben wurde der Song 1970, ein Jahr bevor AMTRAK gegründet wurde: Deshalb ist auch von der Eisenbahngesellschaft "Illinois Central" am Anfang die Rede. Der Zug - und der Song (songfacts) - starten in Chicago. Mit fünfzehn Wagen beginnt eine southbound odyssey, eine nach Süden führende Odysee, entlang der Häuser, Farmen und Felder von Illinois.

Der Autor, Steve Goodman, beschreibt die Fahrgäste: Alte Männer, Söhne von Schlafwagenschaffnern, Söhne von Lokführern, die den "fliegenden Teppiche" ihrer Väter folgen, junge Mütter mit kleinen Kindern, die vom Zug in den Schlaf gelullt werden.

In Memphis, Tennessee, werden Wagen umgehängt, es ist Nacht, am nächsten Morgen wird der Zug ankommen. Mississipi liegt im Dunklen, der Zug fährt durch die Nacht, und Steve Goodman ist traurig über den disappearing railroad blues.

Eine literarische Reise - eine literarische Bearbeitung einer realen Reise durch die USA. Ganz lang, sehr schön, sehr eingängig und letzten Endes Teil der Populärkultur geworden. Man könnte Lust bekommen, mal wieder AMTRAK zu fahren - oder zumindest hier oder  hier davon zu lesen. Das für Europäer so bemerkenswerte an diesem Zug ist, dass es ein Zugpaar - Nord-Süd und Süd-Nord - ist, dass tatsächlich nur einmal am Tag fährt. Wir sind es auf unserem mit Eisenbahnschienen so reich gesegneten Kontinent gewohnt, dass man Frankfurt-Paris z.B., oder auch Köln-Wien tatsächlich mehrmals am Tag fahren kann. Umso merkwürdiger erscheint es da, wenn der Zug nur morgens einmal abfährt. Doch fairerweise muss man zugeben, dass Züge, die so lange fahren, auch in Europa selten sind. Für die Reise von Berlin nach Moskau braucht man auch zwischen 25 und 30 Stunden, aber dafür kann man fünfmal am Tag abfahren.

Das Lied ist sicherlich ein schöner Eisenbahnsong, vor allem auch deshalb, weil Eisenbahnfahren vor allem im Mittleren Westen mittlerweile tatsächlich in vielen Gegenden der Vergangenheit angehört.

Seinen Anteil an der Geschichte der USA hat dieser Zug natürlich auch: Es war die billigste Möglichkeit, aus dem armen, ländlichen Süden in die Industriestädte des Nordens zu kommen. Lesen Sie darüber hier.


© non volio 2006