Liner Notes

Was soll ich sagen? - Wenn Sie nach einem mächtigen Medienkonzern Ausschau halten, nach High-Tech-Plattenfabriken oder einer gut geschmierten PR-Maschinerie, nun, dann sind sie bei non volio acoustic media völlig falsch. Hier gibt's kein Geschäft, sondern nur pure Begeisterung für all die populäre Musik, die in ihren unzähligen Inkarnationen einem Jahrhundert entströmte, das man das Zwanzigste nennt, auch wenn es oft daherkam, als sei es das Letzte. Was soll ich sagen? All die Freude, Trauer, all der Hype und das Geschäft, das den Soundtrack des Lebens erfüllt, unser Leben, den Zillionen B-Seiten der Geschichte. Dreh es um/sieh, siehst Du, was ich meine?
Hier gibt es keine augenzwinkernde Kommerzverweigerung, non volio acoustic media ist keine gräßliche Bedrohung der Musik-Industrie, nein, nur ein Amalgam und Revival längst vergess'ner Kunstformen - den Liner Notes und der Kompilation. Wer versteht das? Stan Cornyn, der große alte Mann der Liner Notes, schwelgte in Erinnerungen als er in einem CD-Booklet (The Best of Frank Sinatra, 1997) schrieb: "In mein Büro kam die Liste der Alben, die eine Coverrückseite bekommen sollten (die 'liner' genannt wurden, in Erinnerung an die Zeiten als 'Alben' tatsächlich noch wie Bücher gefertigt wurden, mit mehreren Hüllen, um die zweiseitigen Plattenaufnahmen zu beherbergen. Das Papier, das die Vorder- und Rückseiten auskleidete [to line] wurde deshalb 'album liners' genannt.)" Wer weiß, das es noch immer einen Grammy für Liner Notes gibt? Stan Cornyn wurde viermal in Folge dafür nominiert und gewann immerhin die ersten zwei. Sinatra konnte sich nie an Cornyns Namen erinnern. Was soll ich sagen? Es ist besser geliebt und verloren zu haben.

Wir schreiben das Jahr 1980, Manfred Manns nostalgische Worte auf der Hülle der MMEB-LP 'Chance': "Ich habe mich dafür entschieden, sleeve notes zu schreiben, weil ich sie auf den alten Jazz-Alben mochte und keiner sie heutzutage noch macht." Nie würde ich auf so'nem Glied gehen.

Eine gut gemachte Kompilation braucht eine sorgfältige Auswahl und vor allem ein Thema als Auswahlkriterium und Startpunkt für die Liner Notes, welche die Musik und die Songtexte mit den Erfahrungen und dem Wissen des Kompilators verbinden. Jim Bickhart stellte auf "Untitled" (1970) der Byrds fest: "Das ist der Impuls des Bewußtseins; das unerbittliche Gefühl einer enormen Bewegung, die man von den frühesten Aufnahmen bis zu den neueren spüren kann, der raffiniert kraftvolle Weg, der so viel Bedeutung erhält, wenn man ihn mit den eigenen Gefühlen und Erfahrungen verbindet."
Wir hier bei non volio acoustic media lieben es, der Musik zu lauschen, lieben es, Lieder und Musikstücke auszuwählen und zusammenzustellen ... und erst recht lieben wir es, Liner Notes zu schreiben. Es ist ein böses Wort, Diese Liebe.

ALEX M. H. PAUL
Unter-Werbeassistent für die Westküste
non volio acoustic media

P.S. Die kursiven Textteile sind ins Deutsche übertragene Ausschnitte von Amiri Barakas In Memory of Radio (1961).

Danksagung:
Für die Hilfe bei der Übersetzung dieser Liner Notes aus dem englischen Original ( PDF ) danke ich ganz herzlich Jutta Pistor M. A.
AMHP